Titel
Pro Deo. Das Bistum Basel vom 4. bis 16. Jahrhundert.


Herausgeber
Rebetez, Jean Claude
Erschienen
Delsberg 2006: Editions D+P
Anzahl Seiten
314 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Thomas von Graffenried

Die von den drei Kantonen Bern, Jura und Basel-Landschaft getragene Stiftung mit Sitz in Pruntrut will eine Zersplitterung des historisch wertvollen Archivs des ehemaligen Fürstbistums verhindern. Das von der Stiftung herausgegebene Buch stellt die Entwicklung des Bistums im Zeitraum von über 1000 Jahren dar. Die zahlreichen, in einer Einleitung und vier Teilen zusammengefassten Beiträge von mehreren Autoren sollen den Zugang zu einer immer ferneren Kulturüberlieferung erschliessen helfen. Der umfangreiche, unter anderem mit Dokumenten ausgiebig bebilderte Band erschien im Zusammenhang mit vier Ausstellungen, die 2006 in Basel, Delsberg, Pruntrut und Biel stattfanden. Er erschien sowohl deutschwie französischsprachig.

In der Einleitung wird darauf hingewiesen, dass die Entstehung der Diözese fast unbekannt ist. Ein Bischof in Augst ist aus dem 4. Jahrhundert bezeugt, ein Bischof von Basel und Augst wird im 7. genannt, eine ununterbrochene Tradition gibt es erst seit der Zeit der Karolinger um die Mitte des 8. Jahrhunderts. Die Diözese Basel grenzte seit dem 8. Jahrhundert an diejenigen von Lausanne, Konstanz, Strassburg, Toul, Besançon, was bis zur Französischen Revolution so blieb. Die heutige Diözese Basel unterscheidet sich stark davon. Die territoriale Herrschaft des Fürstbistums Basel umfasste andererseits den heutigen Kanton Jura, den Berner Jura mit Biel, einen kleinen Teil des heutigen Kantons Baselland und drei kleine Enklaven in Deutschland. Diözese und Herrschaftsbereich waren also nicht deckungsgleich. Das alte Bistum Basel, das bis weit ins Elsass hineinreichte, lag in einer Pufferzone zwischen der Eidgenossenschaft, dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nation und Frankreich. Neben dem Bischof war das Domkapitel mit sechs Mitgliedern eine wichtige Institution bei der Verwaltung.

Der erste Teil enthält Archäologie und Geschichte des Bistums von der Spätantike bis zum 13. Jahrhundert. Die Anfänge sind nur fragmentarisch zu rekonstruieren. Das Christentum erreichte die Gegend des späteren Bistums vielleicht im 2. und archäologisch bezeugt im 4. Jahrhundert. Augusta Raurica war sicher eine Zeit lang Bischofssitz. Im 7. Jahrhundert entstanden an kleineren Orten Kirchen, die zum Teil bis heute als Gemeindezentren dienen. Die Fundamente dieser Sakralbauten weisen zum Teil auf die römische Zeit. Im 8. Jahrhundert etablierte das Bistum Basel sich institutionell. Am Anfang dieser Tradition stand 749–762 Baldobert, ehemals Abt von Murbach im Elsass.

Die kaiserliche Schenkung der Abtei Moutier Grandval an den Bischof Adalbert im Jahr 999 war der Grundstein für die Errichtung der territorialen Herrschaft der Basler Bischöfe. Die innere Organisation des Bistums vom 8. bis 12. Jahrhunderts ist lückenhaft nachweisbar. Seit dem 13. Jahrhundert sind zwölf Dekanate als geistliche Verwaltungsbereiche nachweisbar. Das Bistum wurde zu einer territorial geschlossenen Herrschaft mit allerdings wechselhafter Geschichte. Begünstigt wurde die Entwicklung durch die Kaisertreue der Bischöfe während des Gegensatzes der deutschen Monarchen zu den Päpsten im 11. und 12. Jahrhundert. Moutier Grandval, Bellelay und St. Alban waren neben andern Klöstern wichtige wirtschaftliche Zentren.

Der zweite Teil befasst sich mit dem geistlichen Leben in der Diözese. Saint-Ursanne (625), Saint-Imier und Moutier Grandval (640) waren frühe bedeutende Klostergründungen. Seit dem 11. Jahrhundert entstanden in der Stadt Basel fünfzehn Klöster, die meisten im 13., wobei besonders die Bettelorden der Dominikaner und Franziskaner eine wichtige Rolle spielten. Zu den in der Diözese bevorzugt verehrten Heiligen gehörten der Märtyrer Germanus von Moutier und das Kaiserpaar Heinrich II. und Kunigunde. Wallfahrten waren im Gebrauch, so gab es allein im Elsass 34 Orte, die für den Marienkult eine wichtige Rolle spielten. Reliquien aus Moutier Grandval, die sehr verehrt wurden, befanden sich langezeit in Saint-Marcel in Delsberg und nun wieder in Moutier.

Der dritte Teil ist der Organisation der Pfarreien im Bistum gewidmet. Der Ausbildungsstand der Geistlichen war unterschiedlich. Finanzen und Unterhalt der Kirche werden am Beispiel der fabrica ecclesia von Pruntrut beschrieben. Zeremonien, Riten und Bräuche begleiteten die Gläubigen durch das Jahr und alle wichtigen Stationen ihres Lebens. Den Randgruppen im mittelalterlichen Gemeindeleben werden je Abschnitte gewidmet: den Aussätzigen wieder am Beispiel von Pruntrut, ferner den vom 15. Jahrhundert an verfolgten Opfern des Hexenwahns und den seit dem 4. Jahrhundert nachgewiesenen Juden, deren Lage sich im Mittelalter verschlechterte.

Der vierte Teil behandelt die Reformation von 1525 und 1531 und ihre einschneidenden Folgen für das Bistum Basel. Trotz der Spaltungen zwischen den reformierten Bekenntnissen wurde der Südwesten seines Territoriums mit Ausnahme des Laufentals und von Birseck nicht wieder katholisch. Ein Teil von Moutier blieb katholisch, auf dem Tessenberg setzte sich die Reformation erst 1566 endgültig durch, wie der Autor Damien Bregnard klar strukturiert beschreibt. Allerdings muss jedoch die Karte auf der Seite 395 berichtigt werden. Die Propstei Moutier, unter bernischem Einfluss stehend, hatte auch Gemeinden «sous les roches», wie etwa Seehof, die katholisch blieben.

Biel wurde, 1528 dem Beispiel Bern folgend, reformiert und versuchte, das Territorium der zerfahrenen Propstei Saint-Imier im Erguel an sich zu bringen. 1599 beabsichtigte Bern, die Herrschaftsrechte des Bischofs von Basel in Biel gegen sein Burgrecht mit dem Münstertal zu tauschen. Trotz der Vermittlung der schweizerischen Tagsatzung wurden diese Pläne 1610 nicht verwirklicht. Da die Bieler die Rechte der protestantischen Bewohner des Erguel nicht anerkennen wollten, unterstellten sich diese, weiterhin von Solothurn unterstützt, dem Bischof von Basel. Biel konnte so kein grösseres Herrschaftsterritorium erwerben und blieb politisch und wirtschaftlich eingeschränkter.

Die Täufer wurden 1527/28 auch aus Biel vertrieben. Erst im 17. Jahrhundert erlaubte ihnen der Bischof von Basel, sich auf den Höhen des Jura niederzulassen. Eine wichtige Rolle spielte in Biel der reformatorische Theologe Thomas Wyttenbach (1472–1526). In Biel, im Erguel, in Neuenstadt, auf dem Tessenberg und im Münstertal entwickelten sich die protestantischen Gemeinden unterschiedlich, teilweise selbständig, teilweise von Bern streng kontrolliert. Die nun in Pruntrut residierenden Basler Fürstbischöfe Jakob Christoph von Wartensee und Wilhelm Rinck von Baldenstein setzten von 1580 und 1628 die Anliegen der Reform des
Katholizismus in ihrer Diözese durch.

Wir erhalten einen übersichtlichen Abriss der Bistumsgeschichte vom Altertum bis zur beginnenden Neuzeit, an dem 21 Autorinnen und Autoren beteiligt sind. Der grösste Anteil der Beiträge stammt vom Herausgeber. Die Autoren leisten damit einen wichtigen historischen Beitrag auch zur Geschichte der Juraregion. Dieser Überblick ist bewusst eingebettet in die Darstellung des Alltagslebens in den Pfarreien und dessen lokale Eigenheiten. Vielfach ist die Durchmischung von sakralen und profanen Bereichen deutlich hervorgehoben. Weil sich dabei die zahlreichen Verfasser auf bestimmte Spezialbereiche konzentrierten, ist es dabei möglich, dass Grundsätzliches zur Bistumsgeschichte unausgesprochen bleibt. Beispielsweise vermisst man eine vollständige Auflistung der Bischöfe mit Jahresangaben ihrer Tätigkeit. Die hier rezensierte Veröffentlichung tangiert nur am Rande die Neuzeit. Deshalb ist an dieser Stelle auf eine zweite hingewiesen, die sich mit der Region beschäftigt: Jean-Claude Rebetez (Hg.), Das Bistum Basel in seiner Geschichte, Beginn der Neuzeit (16.–18. Jahrhundert) und während der Revolution, Strassburg 2003.

Zitierweise:
Thomas von Graffenried: Rezension zu: Jean Claude Rebetez: Pro Deo. Das Bistum Basel vom 4. bis 16. Jahrhundert. In Zusammenarbeit mit Jürg Tauber, Reto Marti, Laurent Auberson und Damien Bregnard, Stiftung des ehemaligen Fürstbistums Basel. Delsberg, Editions D+P SA, 2006. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 57 Nr. 3, 2007, S. 365-367.

Redaktion
Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 57 Nr. 3, 2007, S. 365-367.

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